Das will eigentlich keiner wissen
Wie alle anderen auch, sitzt Paradoxli in der Wohnstube, liest dann und wann in seinem Büro ein Buch und tigert bei schönem Wetter auf der Terrasse hin und her. Es ist alles im wahrsten Sinne des Wortes ver-rückt, was hier in der globalisierten Welt gerade geschieht. In diesem Sinne hat er sich gestern mit einem Freund ausgetauscht. Er pflegt, wie viele Leute im Moment, den intensiven Kontakt zu ihm wichtigen Menschen in der Aussenwelt.
Bei diesem Telefonat wollte er sich gerne noch mehr austauschen, über die Folgen der Krise, die psychischen Aspekte, etc. Doch davon wollte sein Gesprächspartner nichts wissen.
Schade, hat sich Paradoxli gedacht, gerne hätte ich mich darüber unterhalten, wie es sein muss als älterer Mensch, Patient mit Vorerkrankung, in der heutigen Zeit zu sterben. Allein, steril und ohne Angehörige siechen sie einfach dahin, und dieses Wort hat er in seinen Überlegungen mit Absicht gewählt. Es muss wohl so sein, im Kampf gegen den unsichtbaren Feind, der bei genauerem Hinsehen eigentlich nichts anderes ist, als die verdrängte Angst vor dem eigenen Tod. Die Gesellschaft ist dabei, sich zu diesem Thema unfreiwillig einer universellen Gruppentherapie zu unterziehen, hat er sich heute Morgen in sein Tagebuch geschrieben.
Es ist paradox, die meisten von uns klammern den Tod zeitlebens aus, weisen ihn von sich, lassen ihn nicht an sich heran. Und jetzt, auf einmal werden wir gezwungen hinzuschauen, polt sich die Verdrängung um. Jetzt werden tatsächlich all die Sterbenden ausgeklammert ohne tröstende Abschiedsworte, keiner letzten Umarmung. Sie gehen so von dieser Welt, wie wir es keinem wünschen. Ob wir etwas daraus lernen? Darüber wollte Paradoxli mit seinem Freund eigentlich reden…