Da ist auf einmal alles anders
Paradoxli lehnt sich an das Geländer seines Balkons. Lässig stützt er seinen Ellbogen ab. Immer wieder trinkt er einen kleinen Schluck Weisswein aus dem Glas. Seine Wohnung ist ganz oben, das verschafft ihm einen guten Ausblick.
Es ist wunderschönes Wetter, doch nur wenige Mensch sind zu sehen. Auch keinen Nachbarn, mit dem er sich austauschen könnte. Etwas geht um; tödlich kann es sein, ansteckend und böse, wie man pausenlos in den Nachrichten hört.
Heute könnte ich meinem Vater erzählen, genauso wie er damals vom Krieg sprach, dass ich es nun auch erlebe, geht es Paradoxli durch den Kopf. Leere Regale im Supermarkt, Polizeiwagen, die mit Lautsprecherdurchsagen in den leergefegten Strassen patrouillieren. Er beisst sich dabei immer wieder auf die Unterlippe. Wie zerbrechlich eigentlich alles ist.
Wie schnell es gehen kann und doch ist eines an der ganzen Geschichte verwunderlich, sinniert er vor sich hin. Im Gegensatz zum Krieg, all dem Leid, das Menschen widerfährt, ist diese Situation hier grundsätzlich anders. Es gibt keinen sichtbaren Feind, keinen Schuldigen. Es ist einfach da, dieses Virus, es entzieht uns die Möglichkeit, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Wie war das vor einigen Wochen doch noch ein vielerorts bewährtes Verhalten.
Paradox: Dadurch, dass uns diese Möglichkeit genommen wird, werden wir auf uns selbst zurückgeworfen. Wir sind gerade dabei zu erleben, was es heisst, statt der Schuldzuweisung, Verantwortung zu übernehmen, für uns aber auch für die anderen. Ob wir das wollen oder nicht, hängt ganz allein von uns ab, ist dem Virus wohl relativ egal… ebenso, ob wir für die Zukunft aus dieser Schlussfolgerung etwas lernen oder nicht…
Danke Markus, kurz und klar.
Be safe
Peter